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Schenkung bei Scheidung: Rechte und Möglichkeiten im Überblick

Lisa Ihle Online Redakteurin
16. Mai 2025 / 21 Min. Lesezeit
Schenkung bei Scheidung: Rechte und Möglichkeiten im Überblick

Eine Scheidung ist immer eine emotionale Achterbahnfahrt. Vor allem dann, wenn es um frühere Zuwendungen während der Ehe geht. Was während der Ehe als großzügige Geste oder gemeinsame Investition galt, wird plötzlich zum juristischen Konfliktpunkt. Besonders bei Immobilienschenkungen oder größeren Geldbeträgen stehen Betroffene vor schwierigen Fragen und müssen sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, eine Schenkung bei Scheidung zurückzufordern.

Können Sie überhaupt eine Schenkung bei Scheidung rechtlich anfechten? Wie werden Geschenke der Schwiegereltern behandelt? Und welche besonderen Regeln gelten, wenn eine Immobilie bei Scheidung übertragen wurde? Dieser Ratgeber bietet Ihnen einen Überblick, wie Sie in dieser emotional belastenden Situation Ihre finanziellen Interessen wirksam schützen können.

Rechtliche Grundlagen: Was gilt als Schenkung bei einer Scheidung?

Während einer Ehe werden häufig erhebliche Vermögenswerte zwischen den Partnern übertragen – oft ohne klare vertragliche Regelungen. Im Scheidungsfall kann die rechtliche Einordnung dieser Zuwendungen entscheidend für Ihre finanzielle Zukunft sein.

Das deutsche Familienrecht unterscheidet hier grundsätzlich zwischen echten Schenkungen, unbenannten Zuwendungen und ehebedingten Zuwendungen – mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen.

Was ist eine Schenkung im rechtlichen Sinne?

Eine Schenkung im rechtlichen Sinne wird in § 516 Abs. 1 BGB als eine Zuwendung definiert, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert. Dies geschieht unentgeltlich. Entscheidend ist dabei also, dass sich beide Seiten einig sind, dass keine Gegenleistung erwartet wird. Der Schenkende muss seine Vermögensverfügung bewusst und freiwillig mit dem Ziel vornehmen, den Beschenkten zu bereichern.

Im Kontext einer Ehe wird hier jedoch differenziert. Anders als eine klassische Schenkung gelten unentgeltliche Zuwendungen zwischen Ehegatten rechtlich als sogenannte ehebezogene oder unbenannte Zuwendungen. Bei einer unbenannten Zuwendung erfolgt die Vermögensübertragung zwar auch ohne direkte Gegenleistung, jedoch mit der Erwartung, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand hat. Die Zuwendung ist also in gewisser Weise an den Fortbestand der Ehe “geknüpft”, auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde.

Echte SchenkungUnbenannte Zuwendung
Aus reiner FreigebigkeitMit Blick auf die Ehe
Dauerhafter VermögensverzichtErwartung gemeinsamer Nutzung
Keine Rückforderung bei ScheidungMöglicher Ausgleichsanspruch

Praxisbeispiel: Ein Ehepartner überträgt dem anderen 50.000 € zum Kauf eines Autos. Bei einer echten Schenkung wäre die Intention: “Das Geld soll Dir dauerhaft gehören, egal was in unserer Beziehung passiert.” Bei einer unbenannten Zuwendung hingegen: “Ich gebe Dir das Geld, damit wir als Ehepaar ein angemessenes Auto haben können.”

Die Abgrenzung ist oft fließend und kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände getroffen werden.

Ein Ehepaar hält eine kleine weiße Box mit roter Schleife in den Händen.

Folgende Konstellationen sorgen regelmäßig für rechtliche Diskussionen

  • Hochzeitsgeschenke: Sie werden in der Regel an das Brautpaar gemeinsam überreicht. Da sie den Beginn der Ehe begleiten und der gemeinsamen Lebensgestaltung dienen sollen, gelten sie als ehebezogene Zuwendungen – und können im Scheidungsfall ausgleichspflichtig sein.

  • Geschenke zum Firmenjubiläum: Diese werden oft als Zeichen der Anerkennung für langjährige Mitarbeit oder besondere Leistungen vergeben. Der Klassiker: die „goldene Uhr“. Solche Präsente beruhen meist auf einem freiwilligen Entschluss des Arbeitgebers und gelten daher nicht als ausgleichspflichtig.

  • Geschenke zur Babyparty: Hierbei handelt es sich meist um Zuwendungen für das Kind, nicht für die Eltern. Sie gehören dem Kind und sind treuhänderisch zu verwahren. Nur wenn die Geschenke eindeutig an die Eltern gerichtet sind, kann ein Ausgleich erforderlich werden.

  • Lottogewinne: Laut Bundesgerichtshof (2013) zählt ein Lottogewinn (z. B. 500.000  €) zum ausgleichspflichtigen Zugewinn – auch bei langer Trennungszeit. Entscheidend war hier, dass keine persönliche Beziehung zur Lottogesellschaft bestand.

  • (Lebens-)Versicherungen: Wird jemand durch eine Lebensversicherung eines verstorbenen Angehörigen begünstigt, gilt das nicht als ausgleichspflichtiger Zugewinn. Der BGH entschied: Diese Zahlungen sind als persönliche Zuwendung zu betrachten und bleiben außen vor.


Schenkung bei Scheidung im Kontext des Zugewinnausgleichs

Der Zugewinnausgleich als häufigstes Güterrecht in Deutschland hat erhebliche Auswirkungen darauf, wie Schenkungen bei einer Scheidung behandelt werden. Hier ist es wichtig, die Wechselwirkungen genau zu verstehen.

So werden Schenkungen im Zugewinnausgleich berücksichtigt

Im Zugewinnausgleich wird der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs beider Partner verglichen und ausgeglichen. Dabei gilt für Schenkungen:

  • Schenkungen von Dritten werden grundsätzlich dem Anfangsvermögen des beschenkten Ehegatten zugerechnet (§ 1374 Abs. 2 BGB) und erhöhen somit nicht den Zugewinn
  • Schenkungen zwischen den Ehegatten können den ausgleichspflichtigen Zugewinn beeinflussen
  • Bei ehebedingten Zuwendungen können neben dem Zugewinnausgleich zusätzliche Ausgleichsansprüche entstehen

Achtung: Die korrekte Zuordnung von Schenkungen zum Anfangs- oder Endvermögen kann erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.

Anfangs- und Endvermögen: Die richtige Einordnung von Schenkungen

Für die korrekte Berechnung des Zugewinns ist entscheidend:

  • Anfangsvermögen = Vermögen zu Beginn der Ehe + Schenkungen/Erbschaften von Dritten während der Ehe

Beispielrechnung: Anfangsvermögen von Frau A: 10.000 €. Schenkung von Eltern während der Ehe: 50.000 € = Bereinigtes Anfangsvermögen: 60.000 €. Endvermögen von Frau A: 120.000 €. Zugewinn: 60.000 € (nicht 110.000 €!)

Digitale Vermögenswerte und moderne Investments – Neue Herausforderungen

Zunehmend relevant werden auch neue Vermögensformen wie Kryptowährungen und digitale Assets, Beteiligungen an Start-ups oder Crowdinvesting-Projekte sowie NFTs und andere digitale Sammlerstücke.

Diese Vermögenswerte stellen besondere Herausforderungen dar:

  • Die Nachweisbarkeit von Übertragungen kann kompliziert sein
  • Die Wertbestimmung ist oft schwieriger als bei klassischen Vermögenswerten
  • Die rechtliche Einordnung ist teilweise noch nicht abschließend geklärt

Praxistipp

 

Führen Sie bei digitalen Vermögenswerten besonders sorgfältig Buch über Erwerb, Herkunft der Mittel und Wertentwicklung. Screenshots, Transaktionsbelege und schriftliche Vereinbarungen können später wertvolle Beweismittel sein.

Sonderfall: Schenkungen von Eltern und Schwiegereltern

Nicht nur zwischen Ehepartnern, sondern auch von Eltern oder Schwiegereltern fließen häufig erhebliche Vermögenswerte in die Ehe ein. Bei einer Scheidung entstehen hier besondere Fragestellungen.

Wem gehören zum Beispiel die Geschenke der Schwiegereltern nach der Scheidung? Hierbei kommt es entscheidend auf die Intention der Schenkenden an:

  • Wurde ausdrücklich nur an den eigenen Nachwuchs geschenkt oder an beide Ehepartner?
  • War die Schenkung mit einer Zweckbindung verbunden (z.B. für den Hausbau)?
  • Gibt es schriftliche Nachweise über die Schenkungsabsicht?

Die Rechtsprechung tendiert dazu, Schenkungen der Schwiegereltern dem eigenen Kind zuzuordnen, wenn keine klare gegenteilige Absicht erkennbar ist.

Beispiel: Die Eltern des Ehemannes übertragen dem Ehepaar ein Grundstück. Ohne eindeutige Erklärung wird im Zweifel angenommen, dass das Grundstück wirtschaftlich dem Sohn zugeordnet werden soll, auch wenn formell beide Ehepartner im Grundbuch stehen.

Dies kann im Zugewinnausgleich relevant werden. Denn grundsätzlich zählen solche „Finanzspritzen“ zum ausgleichspflichtigen Zugewinn. Da es jedoch ungerecht wäre, wenn der Ex-Partner des eigenen Kindes nach der Scheidung weiterhin von einer Schenkung profitiert, die ausdrücklich im Zusammenhang mit der Ehe gemacht wurde, besteht nach aktueller Rechtssprechung die Möglichkeit, sie innerhalb der Verjährungsfrist zurückzufordern, wodurch sie dem Zugewinnausgleich entzogen werden kann.

Die Verjährungsfrist startet mit dem rechtskräftigen Abschluss der Scheidung. Bei Schenkungen von Grundstücken beträgt sie zehn Jahre, bei allen anderen Schenkungen drei Jahre.

Der BGH betont in einem entsprechenden Urteil jedoch ganz klar, dass eine Rückforderung nur dann infrage kommt, wenn es den (Schwieger-)Eltern nicht zumutbar ist, an der Schenkung festzuhalten. In solchen Fällen können sie in der Regel eine Rückzahlung in Geld verlangen – nur in Ausnahmefällen auch die Rückgabe des konkreten Geschenks, etwa eines Grundstücks.

Dokumentation als Schlüssel: Wie Sie Schenkungsabsichten richtig festhalten

Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Schenkungen von Dritten klar dokumentiert werden:

  • Schenkungsverträge schriftlich oder notariell festhalten
  • Die Absicht des Schenkenden eindeutig formulieren
  • Bedingungen oder Zweckbindungen klar benennen
  • Bei größeren Beträgen: Anwaltliche oder notarielle Beratung in Anspruch nehmen

Checkliste für Schenkungsdokumentation:

  • Wer schenkt wem? (Nur einem Ehepartner oder beiden?)
  • Was genau wird geschenkt? (Genaue Beschreibung/ Betrag)
  • Zu welchem Zweck erfolgt die Schenkung?
  • Gibt es Bedingungen oder Rückforderungsvorbehalte?
  • Datum und Unterschriften aller Beteiligten

Besonderheiten bei Schenkungen an gemeinsame Kinder

Zuwendungen an gemeinsame Kinder bleiben von der Scheidung grundsätzlich unberührt, da das Kind ein eigenständiges Rechtssubjekt ist. Dennoch gibt es einige Besonderheiten. So kann die Verwaltung des Kindesvermögens zum Beispiel nach der Scheidung strittig sein, Treuhandverhältnisse müssen neu geregelt werden und bei zweckgebundenen Schenkungen (z.B. für Ausbildung) muss die Verwendung abgesichert werden.

Immobiliengeschenke bei Scheidung

Die Schenkung einer Immobilie bei Scheidung stellt einen besonders komplexen Fall dar. Gerade bei Häusern oder Wohnungen geht es oft um erhebliche Vermögenswerte, die für die finanzielle Zukunft beider Partner entscheidend sein können. Anders als bei beweglichen Sachen oder Geldbeträgen kann eine Immobilie nicht einfach zurückgegeben werden – zumal sie häufig mit Krediten belastet ist oder erhebliche Wertsteigerungen erfahren hat.

Eine Hand übergibt einer anderen Hand einen Schlüssel.

Folgende grundlegende Fragen müssen im Scheidungsfall geklärt werden:

  • Rechtliche Qualifikation: Handelte es sich um eine echte Schenkung oder eine ehebedingte Zuwendung?
  • Formale Korrektheit: Wurde die Übertragung rechtswirksam durchgeführt (notarielle Beurkundung, Grundbucheintrag)?
  • Rückabwicklungsmöglichkeiten: Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann die Übertragung rückgängig gemacht werden?

Die Antworten auf diese Fragen hängen stark vom Einzelfall ab und können erhebliche finanzielle Konsequenzen haben.

Wichtig: Bei einer Immobilie als ehebedingte Zuwendung entsteht bei Scheitern der Ehe typischerweise ein Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage). Gerichte ordnen jedoch in der Regel keinen Anspruch auf Rückübertragung der Immobilie selbst an. Stattdessen wird meist ein finanzieller Ausgleich festgelegt.

Dies hat praktische Gründe:

  • Die Immobilie kann inzwischen zum Lebensmittelpunkt eines Partners (und der Kinder) geworden sein
  • Eine Rückübertragung würde erneut Notarkosten und Grunderwerbsteuer verursachen
  • Die Wertverhältnisse haben sich möglicherweise erheblich verändert
  • Es wurden unter Umständen bauliche Veränderungen vorgenommen

Der finanzielle Ausgleich orientiert sich in der Regel am anteiligen Verkehrswert zum Zeitpunkt der Scheidung, wobei Wertveränderungen seit der Übertragung berücksichtigt werden.

Teilschenkungen und gemeinsames Eigentum: Komplexe Auseinandersetzungen vermeiden

Besonders anspruchsvoll wird die rechtliche Beurteilung, wenn nur Teileigentum übertragen wurde oder gemeinsames Eigentum vorliegt. Dies kann zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen.

Bei gemeinsamen Immobilien im Miteigentum der Ehepartner gibt es typischerweise folgende Lösungswege:

  • Realteilung: Bei größeren Objekten (z.B. Zweifamilienhaus) theoretisch möglich, praktisch selten umsetzbar
  • Übertragung auf einen Partner gegen finanzielle Abfindung des anderen
  • Gemeinsamer Verkauf und Aufteilung des Erlöses
  • Fortführung der Eigentümergemeinschaft nach der Scheidung (nur bei einvernehmlicher Lösung sinnvoll)

Teilschenkungen (z.B. Übertragung eines 50%-Miteigentumsanteils) stellen einen Sonderfall dar. Sie können bei einer Scheidung anteilig ausgeglichen werden, wobei die Wertentwicklung der Immobilie seit der Schenkung eine entscheidende Rolle spielt. Hat sich der Wert verdoppelt, verdoppelt sich typischerweise auch der Ausgleichsanspruch.

Gut zu wissen

Um langwierige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig klare vertragliche Regelungen für den Fall einer Scheidung treffen, idealerweise in einem Ehevertrag. Außerdem sollten Sie die Motivlage bei der Übertragung schriflich dokumentieren, Beiträge beider Partner zur Immobilie lückenlos nachweisen (Kaufpreiszahlungen, Renovierungskosten, etc.) und Investitionen in die Immilie mit Belegen dokumentieren.

Grundbucheintragungen und ihre Bedeutung bei Immobilienschenkungen

Das Grundbuch spielt bei Immobilienschenkungen eine zentrale rechtliche Rolle. Erst durch die Eintragung im Grundbuch wird der Eigentumsübergang wirksam vollzogen. Eine bloße notarielle Vereinbarung reicht nicht aus – die sogenannte “Auflassung” muss ins Grundbuch eingetragen werden.

Bei einer Immobilienschenkung in der Ehe sollten Sie folgende Aspekte im Grundbuch prüfen:

  • Sind die Eigentumsverhältnisse korrekt eingetragen? (Alleineigentum oder Miteigentum mit präzisen Anteilen)
  • Bestehen Belastungen wie Hypotheken, Grundschulden oder Wohnrechte, die bei einer Auseinandersetzung berücksichtigt werden müssen?
  • Wurden Rückfallklauseln oder Rückauflassungsvormerke eingetragen, die bei einer Scheidung greifen könnten?
Lassen Sie bei einer Immobilienschenkung zwischen Ehepartnern immer eine Rückfallklausel für den Fall der Scheidung notariell festhalten und im Grundbuch vermerken. Dies kann späteren Streit erheblich reduzieren. Björn Kolbmüller Björn Kolbmüller Geschäftsführer

Wertermittlung von Immobilien im Scheidungsfall – Wann ist ein Gutachten sinnvoll?

Bei Auseinandersetzungen um geschenkte Immobilien ist die Wertermittlung ein zentraler Punkt und häufig Anlass für Streitigkeiten:

  • Der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung dient als Ausgangsbasis
  • Die Wertentwicklung bis zur Scheidung muss berücksichtigt werden
  • Wertsteigerungen durch Investitionen eines Partners können gesondert angerechnet werden
  • Inflationsbedingte Wertsteigerungen werden in der Regel beiden Partnern anteilig zugerechnet

In streitigen Fällen ist ein unabhängiges Immobiliengutachten fast immer ratsam. Es schafft eine objektive Grundlage für Verhandlungen und vermeidet unrealistische Vorstellungen beider Seiten. Die Kosten eines solchen Gutachtens (typischerweise zwischen 1.000 und 2.500 €) sind im Vergleich zum Streitwert und den potenziellen Anwalts- und Gerichtskosten meist gut investiert.

Rückforderung von Schenkungen nach Scheidung

Schenkungen unter Ehepartnern sind meist gut gemeint – ob das geschenkte Grundstück für das gemeinsame Haus oder finanzielle Unterstützung für den Familienalltag. Kommt es zur Scheidung, stellt sich jedoch oft die Frage: Kann ich mein Geld oder Eigentum zurückfordern? Unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich – vor allem dann, wenn es sich um eine sogenannte „ehebedingte Zuwendung“ handelt.

Richterhammer auf einem Schreibtisch mit mehreren Dokumenten im Hintergrund.

Die drei zentralen Rückforderungswege im Überblick

  • Widerruf wegen groben Undanks (§ 530 BGB): Hat der beschenkte Ehepartner sich schwerwiegend gegen den Schenker oder dessen Familie verhalten – etwa durch körperliche Gewalt, böswillige Vermögensschädigung oder massive Beleidigungen – kann die Schenkung widerrufen werden. Die Rechtsprechung setzt hier hohe Hürden an: Alltägliche Konflikte oder Untreue reichen in der Regel nicht aus. Als grober Undank gilt zum Beispiel körperliche Gewalt gegen den Schenker, schwerwiegende Beleidigungen oder Verleumdungen oder böswillige Vermögensschädigungen.
  • Rückforderung wegen Verarmung (§ 528 BGB): Diese oft übersehene Möglichkeit greift, wenn der Schenker nach der Schenkung nicht mehr in der Lage ist, seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Dies kann im Scheidungsfall relevant werden, wenn durch die Trennung die wirtschaftliche Existenz bedroht ist.
  • Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB): Der häufigste Rückforderungsgrund. Hier gilt der Fortbestand der Ehe als Geschäftsgrundlage der Zuwendung. Fällt diese weg – etwa durch Scheidung – kann ein finanzieller Ausgleich verlangt werden. Eine Rückgabe des konkreten Geschenks (z. B. Grundstück) erfolgt nur in Ausnahmefällen.

Wichtig: Nicht jede Enttäuschung oder jeder alltägliche Streit im Rahmen einer Scheidung rechtfertigt einen Widerruf. Die Rechtsprechung legt strenge Maßstäbe an, besonders beim Widerruf wegen groben Undanks. Eine “normale” Trennung oder Untreue erfüllt die Voraussetzungen in der Regel nicht.

“Wegfall der Geschäftsgrundlage” – Was bedeutet das konkret?

Der sogenannte „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ spielt bei Schenkungen unter Ehepartnern eine zentrale Rolle. Gemeint ist damit, dass die Zuwendung – etwa ein Geldbetrag oder ein Grundstück – unter der Annahme gemacht wurde, die Ehe werde dauerhaft bestehen.

Scheitert die Ehe, entfällt diese Grundlage, und ein finanzieller Ausgleich kann gefordert werden. Dabei geht es in der Regel nicht um die Rückgabe des konkreten Geschenks, sondern um eine angemessene finanzielle Kompensation. Die Höhe dieses Ausgleichs bemisst sich anhand verschiedener Faktoren: Je länger die Ehe bestand, desto geringer fällt der Anspruch meist aus – ab etwa zehn Jahren gilt eine Zuwendung häufig als „abgewohnt“.

Auch der Zweck der Zuwendung, eine etwaige Gegenleistung durch gemeinsame Lebenszeit sowie die wirtschaftliche Lage beider Partner nach der Trennung fließen in die Bewertung mit ein. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) berücksichtigt dabei nicht nur quantitative, sondern zunehmend auch qualitative Aspekte der Ehe – etwa, wie stark sich beide Partner in die Beziehung eingebracht haben.

Fristen und Verjährung: So wahren Sie Ihre Ansprüche rechtzeitig

Die Beachtung der gesetzlichen Fristen ist entscheidend. Ein Versäumnis kann zum vollständigen Rechtsverlust führen:

  • Widerruf wegen groben Undanks: Frist von einem Jahr ab Kenntnis der Verfehlung (nicht ab dem Zeitpunkt der Verfehlung selbst!)
  • Bei der Verarmungseinrede gibt es keine spezielle Frist, jedoch die reguläre Verjährung
  • Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage: 3 Jahre Verjährung ab Jahresende

So schützen Sie sich bei Schenkungen in der Ehe

Vorausschauendes Handeln kann viele Probleme im Falle einer Scheidung vermeiden. Hier finden Sie konkrete Empfehlungen, wie Sie bei Schenkungen in der Ehe Ihre Interessen absichern können.

Der Ehevertrag als Absicherungsinstrument für Schenkungen

Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit, individuelle Regelungen für Schenkungen zu treffen:

  • Klare Definition von Schenkungen und ehebedingten Zuwendungen
  • Festlegung von Ausgleichsansprüchen im Scheidungsfall
  • Regelungen zum Umgang mit Wertsteigerungen von geschenkten Vermögenswerten
  • Rückfallklauseln für bestimmte Schenkungen bei kurzer Ehedauer
Instagram-Beitrag zum Thema "Ehevertrag"

Wichtig: Der Ehevertrag muss notariell beurkundet werden und sollte fair ausgestaltet sein, um vor Gericht Bestand zu haben.

Schenkungsvereinbarungen mit Rückfallklauseln – Vorsorge für den Scheidungsfall

Auch ohne umfassenden Ehevertrag können Sie für einzelne Schenkungen Vorsorge treffen:

  • Schenkungsverträge mit klar definierten Bedingungen
  • Rückforderungsvorbehalte für bestimmte Fälle (z.B. Scheidung innerhalb bestimmter Frist)
  • Zweckbindungen mit Rückfallklauseln bei Nichterreichung des Zwecks
  • Staffelungen nach Ehedauer (z.B. Reduzierung des Rückforderungsanspruchs um 10% pro Ehejahr)

Musterformulierung: “Im Falle einer Scheidung innerhalb von 10 Jahren nach dieser Schenkung verpflichtet sich der Beschenkte, einen Wertausgleich zu leisten, der sich wie folgt berechnet: [Formel einfügen].”

Dokumentation ist alles: Digitale und analoge Nachweismöglichkeiten

Eine lückenlose Dokumentation ist der beste Schutz für Ihre Interessen:

  • Überweisungen mit eindeutigen Verwendungszweck (“Schenkung für…”)
  • Schriftliche Schenkungsvereinbarungen mit Datum und Unterschriften
  • Fotodokumentation von wertvollen Gegenständen
  • E-Mail-Verkehr und Nachrichten über Schenkungsabsichten sichern
  • Zeugen bei mündlichen Vereinbarungen

Digitale Dokumentationstipps:

  • Erstellen Sie verschlüsselte Ordner für wichtige Dokumente
  • Verwenden Sie Cloud-Speicher mit Backup-Funktion
  • Nutzen Sie Zeitstempel-Dienste für wichtige digitale Dokumente
  • Bewahren Sie Kaufbelege digital und physisch auf

Fazit

Die rechtliche Einordnung und Behandlung von Schenkungen bei einer Scheidung gehört zu den komplexesten Aspekten des Familienrechts. Die präzise Unterscheidung zwischen echten Schenkungen, unbenannten Zuwendungen und ehebedingten Zuwendungen ist entscheidend für Ihre finanzielle Situation nach der Trennung und erfordert meist fachkundige Beratung.

Achten Sie besonders auf die formale Dokumentation aller Vermögensübertragungen während der Ehe, die rechtzeitige Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen und die korrekte Einordnung von Schenkungen im Zugewinnausgleich. Bei Immobilien sind zudem notarielle Vereinbarungen und Grundbucheintragungen von zentraler Bedeutung.

Mit vorausschauender Planung, klaren Vereinbarungen und einer sorgfältigen Dokumentation können Sie Ihre Interessen auch in dieser emotional belastenden Situation wirkungsvoll schützen. Das Wissen um Ihre Rechte und Handlungsmöglichkeiten gibt Ihnen finanzielle Sicherheit und hilft Ihnen, den Weg in einen neuen Lebensabschnitt selbstbestimmt zu gestalten.

Artikel von
Lisa Ihle
Frau Ihle arbeitet schon seit 2022 als Redakteurin bei JACASA. Hier kann sie ihr...
Frau Ihle arbeitet schon seit 2022 als Redakteurin bei JACASA. Hier kann sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Interesse für den Immobilienmarkt, aktuelle Immobilentrends und -enwicklungen vereinen.
Lisa Ihle

Häufige Fragen – Schenkung bei Scheidung

  • Werden Schenkungen bei Scheidung angerechnet?

    Schenkungen können bei der Scheidung berücksichtigt werden, wenn sie als sogenannte ehebedingte Zuwendungen gelten. Insbesondere, wenn sie im Vertrauen auf den Bestand der Ehe erfolgt sind. In solchen Fällen kann ein Ausgleich oder sogar eine Rückforderung möglich sein.

  • Wie wird die Schenkung bei einer Scheidung berechnet?

    Die Bewertung erfolgt meist auf Grundlage des Wertes zum Zeitpunkt der Zuwendung, abzüglich eventueller „Abnutzung“ über die Jahre. Berücksichtigt werden auch Ehedauer, Zweck der Schenkung und die finanzielle Situation beider Parteien.

  • Was passiert mit geschenktem Haus bei Scheidung?

    Wurde das Haus einem Ehepartner aus Anlass oder im Vertrauen auf die Ehe geschenkt, kann bei Scheitern der Ehe ein Ausgleichsanspruch bestehen. Entscheidend ist, ob das Haus als ehebedingte Zuwendung gewertet wird.

  • Wie schütze ich mein Geld vor einer Scheidung?

    Sicher sind vor allem klare vertragliche Regelungen wie ein Ehevertrag oder Schenkungsverträge mit Rückforderungsklauseln. Auch getrennte Vermögensführung und dokumentierte Vereinbarungen können helfen, Streit im Trennungsfall zu vermeiden.

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