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Scheidung ohne Ehevertrag: Rechte & Vermögen fair regeln

Lisa Ihle Online Redakteurin
26. Jun 2025 / 26 Min. Lesezeit
Scheidung ohne Ehevertrag: Rechte & Vermögen fair regeln

In Deutschland werden viele Ehen geschieden, wobei über 80% der Paare keinen Ehevertrag geschlossen haben. Die Auflösung einer Ehe ohne vertragliche Regelungen wirft komplexe Fragen zur Aufteilung von Vermögen, Immobilien und zur Handhabung gemeinsamer Schulden auf. Der Zugewinnausgleich wird plötzlich zum zentralen Thema für beide Partner und kann ohne fundiertes Wissen zu kostspieligen Fehlentscheidungen führen.

Wie also wird das gemeinsame Haus bei einer Scheidung ohne Ehevertrag bewertet? Hier lohnt sich ein genauer Blick auf alle Aspekte rund um Immobilien & Scheidung. Aber auch welche Ansprüche bei Erbschaften bestehen, die während der Ehe zugeflossen sind oder was mit Ihrer Rente passiert sind wichtige Fragen. In diesem Ratgeber liefern wir Ihnen präzise Antworten und zeigen konkrete Handlungsoptionen auf, die Ihnen helfen, Ihre Rechte bei einer Scheidung ohne Ehevertrag zu wahren und finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Wenn der gemeinsame Weg endet – Was bedeutet eine Scheidung ohne Ehevertrag?

Ein Ehevertrag ist eine rechtliche Vereinbarung zwischen zwei Ehepartnern, die bestimmte Regelungen für ihre Ehe und insbesondere für den Fall einer Scheidung oder Trennung festlegt.

Neben dem Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung, Gütergemeinschaft), wird unter anderem auch der Unterhalt, der Versorgungsausgleich, die Vermögensaufteilung und die Schuldenregelgung in einem Ehevertrag geregelt. Vor allem, wenn ein Partner viel Vermögen, Schulden oder ein Unternehmen besitzt, einer der Partner selbstständig ist oder die Ehepartner unterschiedliche Nationalitäten haben, macht ein Ehevertrag Sinn.

Gut zu wissen

Sollte einer der Partner während der Ehe unternehmerisches Vermögen aufbauen, können Sie jederzeit nachträglich einen individuellen Ehevertrag aufsetzen.

Scheidung ohne Ehevertrag

Rund 80 % der Scheidungen sind ohne einen Ehevertrag und das bedeutet, dass sämtliche Vermögenswerte nach gesetzlichen Vorgaben aufgeteilt werden müssen – ein Prozess, der oft komplexer ist, als viele Betroffene zunächst annehmen.

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden:

  • Immobilien und Grundbesitz
  • Bankguthaben und Wertpapiere
  • Erbe und Schenkungen
  • Gemeinsame und persönliche Schulden
  • Rentenansprüche und Altersvorsorge
  • Unternehmerische Beteiligungen oder Familienbetriebe
  • Landwirtschaftliche Betriebe
Pärchen sitzt mit verschränkten Armen auf der Couch

Die sogenannte Zugewinngemeinschaft bildet als gesetzlicher Güterstand die rechtliche Grundlage für alle weiteren Entscheidungen. Sie ist quasi der “Standardfall”, wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde. Gleichzeitig ist die Zugewinngemeinschaft ein häufig missverstandenes Konzept, denn entgegen der verbreiteten Annahme bedeutet Zugewinngemeinschaft nicht, dass während der Ehe automatisch alles beiden Partnern gemeinsam gehört.

Während der Ehe bleibt jeder Ehepartner alleiniger Eigentümer seines Vermögens. Er kann grundsätzlich frei darüber verfügen und ist nicht verpflichtet, den Partner an Entscheidungen zu beteiligen. Erst bei der Scheidung findet ein finanzieller Ausgleich statt, der sich auf den während der Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachs bezieht.

Die meisten sind überrascht, dass bei einer Scheidung ohne Ehevertrag nicht automatisch alles 50:50 geteilt wird. Die Zugewinngemeinschaft ist deutlich komplexer und basiert auf individuellen Vermögensentwicklungen während der Ehe. Björn Kolbmüller Björn Kolbmüller Geschäftsführer

Die rechtlichen Grundlagen: Was passiert bei einer Scheidung ohne Ehevertrag?

Auch eine Scheidung ohne Ehevertrag folgt einem relativ festen Scheidungsablauf. Zuerst müssen Sie das Trennungsjahr vollziehen, bevor Sie den Scheidungsantrag einreichen können. Danach wird der Scheidungsantrag an den anderen Partner zugestellt und beide Partner müssen eine Vermögensauskunft geben.

Erst dann kommt es zum Verhandlungstermin, bei dem beide Ehepartner persönlich erscheinen müssen. Durch das Gericht wird dann der Scheidungsbeschluss beschlossen und die Vermögensaufteilung wird vollzogen.

Gut zu wissen

Das Trennungsjahr ist eine zwingende gesetzliche Voraussetzung für die Scheidung. Es beginnt mit der räumlichen Trennung oder der “Trennung von Tisch und Bett” innerhalb der gemeinsamen Wohnung. Diese Phase ist rechtlich bedeutsam, denn hier müssen Sie bereits wichtige Entscheidungen treffen:

  • Wer bleibt in der gemeinsamen Wohnung oder im Haus?
  • Wie werden die laufenden Kosten zwischen den Partnern aufgeteilt?
  • Wie wird der Trennungsunterhalt gestaltet und berechnet?
  • Wie werden Betreuung und Unterhalt der Kinder geregelt?

Der gesetzliche Güterstand: Die Zugewinngemeinschaft

In der Zugewinngemeinschaft bleibt jeder Ehepartner Eigentümer seines eigenen Vermögens – sowohl des vor der Ehe erworbenen als auch des während der Ehe angesammelten Besitzes. Dies bedeutet konkret: Jeder kann grundsätzlich allein über sein Vermögen verfügen.

Bei der Scheidung kommt es jedoch zum Ausgleich des Zugewinns. Der Zugewinn ist die Vermögenssteigerung, die jeder Partner während der Ehe erzielt hat. Für die Berechnung werden zwei Stichtage herangezogen:

  • Der Vermögensstand bei der Eheschließung (Anfangsvermögen)
  • Der Vermögensstand bei Einreichung des Scheidungsantrags (Endvermögen)

Veranschaulichtes Beispiel: Hans hatte bei der Eheschließung 50.000 € und besitzt bei der Scheidung 150.000 €. → Sein Zugewinn beträgt 100.000 €.

Greta begann die Ehe mit 20.000 € und hat am Ende 70.000 €. → Ihr Zugewinn beträgt 50.000 €.

Die Differenz der beiden Zugewinne (50.000 €) wird hälftig geteilt – Hans muss Greta daher 25.000 € als Zugewinnausgleich zahlen.

Unterschied zu anderen Güterständen

GüterstandHauptmerkmalVermögensverteilung bei Scheidung
ZugewinngemeinschaftGetrennte Vermögen, Zugewinnausgleich bei ScheidungDifferenz der Zugewinne wird ausgeglichen
GütertrennungVollständig getrennte VermögenKein Ausgleich, jeder behält sein Vermögen
GütergemeinschaftGemeinsames VermögenKomplexe Aufteilung des Gesamtguts

Wer bekommt was bei einer Scheidung ohne Ehevertrag?

Die Frage “Wer bekommt was?” gehört zu den konfliktträchtigsten Aspekten einer Scheidung ohne Ehevertrag. Die Emotionen laufen oft hoch, wenn es darum geht, wer welche Vermögenswerte erhält. Besonders bei Immobilien, Erbschaften oder unternehmerischen Beteiligungen können komplexe rechtliche Situationen entstehen, die einer sorgfältigen Prüfung bedürfen.

Ein Mann sitzt an einem Taschenrechner und berechnet einen Preis.

Hier kommt der sogenannte Zugewinnausgleich ins Spiel. Doch wie funktioniert der Zugewinnausgleich und welche gesetzlichen Regelungen greifen, wenn kein Ehevertrag die Vermögensaufteilung regelt?

Berechnung des Zugewinnausgleichs Schritt für Schritt

Der Zugewinnausgleich bildet das Herzstück der Vermögensaufteilung bei einer Scheidung ohne Ehevertrag. Es handelt sich um ein systematisches Verfahren, das sicherstellen soll, dass beide Partner fair am gemeinsam erwirtschafteten Vermögenszuwachs beteiligt werden.

Die Berechnung erfolgt in mehreren, klar definierten Schritten:

  • Ermittlung des Anfangsvermögens beider Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung

Hierzu zählen alle Vermögenswerte abzüglich Schulden. Beispiel: Eigentumswohnung, Wertpapierdepot, Bargeld, aber auch bestehende Kredite.

  • Anpassung des Anfangsvermögens an die Inflation (§ 1376 BGB)

Diese oft übersehene Regelung kann erhebliche Auswirkungen haben. Beispiel: 50.000 € Anfangsvermögen im Jahr 2000 entsprechen heute einem deutlich höheren Wert.

  • Ermittlung des Endvermögens zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags

Der Stichtag ist entscheidend: spätere Veränderungen bleiben unberücksichtigt. Eine vollständige Vermögensaufstellung ist hier unerlässlich.

  • Berechnung des Zugewinns für jeden Partner (Endvermögen minus Anfangsvermögen)

Der Zugewinn kann für jeden Partner unterschiedlich ausfallen. Wichtig: Negative Zugewinne werden mit Null angesetzt.

  • Vergleich der Zugewinne und Teilung der Differenz

Der Partner mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz ausgleichen. Die Zahlung erfolgt in der Regel als Geldbetrag.

Gut zu wissen

Eine wesentliche Schutzvorschrift: Hat ein Partner während der Ehe mehr Schulden als Vermögen angehäuft, wird dies nicht dem anderen angelastet. Das negative Endvermögen wird in der Berechnung mit Null angesetzt.

Scheidung ohne Ehevertrag: Immobilien, Bankkonten & Wertpapiere

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag stellt eine gemeinsame Immobilie oft die größte Herausforderung dar. Drei Lösungsansätze haben sich in der Praxis bewährt:

  • Verkauf und Teilung des Erlöses (Die klarste Lösung, die einen kompletten Neuanfang ermöglicht. Zu beachten: Vorfälligkeitsentschädigungen bei laufenden Krediten können erheblich sein.)
  • Übernahme durch einen Partner mit Auszahlung des anderen (Erfordert finanzielle Möglichkeiten zur Auszahlung oder Umschuldung. Vorteil: Ein Partner kann im gewohnten Umfeld bleiben).
  • Fortsetzung der Eigentümergemeinschaft (In der Praxis selten und meist problematisch. Nur bei sehr kooperativer Beziehung nach der Scheidung empfehlenswert).
Dokumente und ein Miniaturhaus auf einem Schreibtisch, wo zwei Menschen gerade Papiere unterschreiben.

Die Bewertung der Immobilie sollte durch einen neutralen Sachverständigen erfolgen, um Konflikte zu vermeiden.

Bankkonten, Sparguthaben und Wertpapiere

Für gemeinsame Bankkonten und Depots gilt: Was während der Ehe angespart wurde, fließt in den Zugewinnausgleich ein. Die Aufteilung erfolgt nicht automatisch hälftig, sondern gemäß der berechneten Zugewinnausgleichsforderung. Es empfiehlt sich, bereits während des Trennungsjahres separate Konten zu führen und gemeinsame Konten aufzulösen oder stillzulegen.

Erbschaften und Schenkungen: Der gesetzliche Sonderfall

Bei Erbschaften und Schenkungen bei Scheidung gelten besondere rechtliche Bestimmungen. Sie werden dem Anfangsvermögen des begünstigten Partners hinzugerechnet (§ 1374 Abs. 2 BGB). Die praktische Konsequenz:

  • Erbschaften und Schenkungen zählen grundsätzlich nicht als Zugewinn und müssen daher nicht geteilt werden
  • Ausnahme: Wertsteigerungen dieser Vermögenswerte während der Ehe sind ausgleichspflichtig

Ein Beispiel: Erbt ein Partner während der Ehe ein Haus im Wert von 300.000 €, das bis zur Scheidung auf 350.000 € an Wert gewinnt, sind nur die 50.000 € Wertsteigerung Teil des Zugewinns.

Schulden und Verbindlichkeiten bei Scheidung ohne Ehevertrag

Bei Schulden gilt grundsätzlich:

  • Jeder Partner haftet für seine eigenen Schulden
  • Bei gemeinsamen Krediten (z.B. Baufinanzierung) bleiben beide Partner gegenüber der Bank haftbar
  • Schulden mindern das Endvermögen und können den Zugewinnausgleich reduzieren
  • Überschuldung eines Partners (negatives Endvermögen) wird bei der Berechnung mit Null angesetzt

Die interne Aufteilung gemeinsamer Schulden sollte unbedingt vertraglich geregelt werden, auch wenn die Bank beide Partner in der Haftung behält.

Dokumentieren Sie schon während der Trennung alle Vermögenswerte und finanziellen Transaktionen. Eine lückenlose Dokumentation ist Gold wert, wenn es um den Zugewinnausgleich geht. Björn Kolbmüller Björn Kolbmüller Geschäftsführer

Sorgerecht und Unterhalt: Die wichtigsten Fragen zur Kinderversorgung

Die Regelungen für Kinder stehen bei einer Scheidung unter dem absoluten Vorrang des Kindeswohls. Anders als bei Vermögensfragen gilt dies unabhängig davon, ob ein Ehevertrag existiert oder nicht. Das Kindeswohl ist der Maßstab, an dem sich alle Entscheidungen messen lassen müssen.

Gemeinsames Sorgerecht als Regelfall

Das gemeinsame Sorgerecht bleibt nach einer Scheidung in der Regel automatisch bestehen. Es bildet den gesetzlichen Standard und muss nicht gesondert beantragt werden. Dies bedeutet, dass beide Eltern weiterhin gemeinsam wichtige Entscheidungen für ihr Kind treffen:

  • Schulwahl und Bildungsentscheidungen
  • Medizinische Behandlungen von Bedeutung
  • Fragen der Religionszugehörigkeit
  • Aufenthaltsbestimmung (Wohnort des Kindes)

Das alleinige Sorgerecht stellt hingegen eine Ausnahme dar. Familiengerichte ordnen es nur an, wenn das Kindeswohl ernsthaft gefährdet ist oder eine Kommunikation zwischen den Eltern dauerhaft unmöglich erscheint.

Kindesunterhalt: Finanzielle Absicherung des Kindes

Der Kindesunterhalt wird nach objektiven Kriterien berechnet und folgt klaren Richtlinien. Maßgeblich ist die Düsseldorfer Tabelle, die regelmäßig aktualisiert wird und bundesweit Anwendung findet. Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach drei Hauptfaktoren:

  • Alter des Kindes (je älter, desto höher der Bedarf)
  • Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils
  • Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen insgesamt
Instagram Post von @familienrecht.gleichberechtigt über die Düsseldorfer Tabelle

Wichtig zu verstehen ist, dass beide Elternteile zum Unterhalt verpflichtet sind, jedoch in unterschiedlicher Form. Der Barunterhalt wird vom getrennt lebenden Elternteil geleistet (monatliche Zahlungen), während der Betreuungsunterhalt durch die tägliche Sorge und Erziehung vom betreuenden Elternteil erbracht wird.

Umgangsregelungen: Kontakt zu beiden Eltern sichern

Bei den Umgangsregelungen haben sich verschiedene Modelle etabliert, die je nach familiärer Situation passend sein können:

Residenzmodell: Das Kind lebt hauptsächlich bei einem Elternteil und besucht den anderen regelmäßig (klassisches Modell).

Wechselmodell: Das Kind lebt zu annähernd gleichen Teilen bei beiden Eltern, meist im wöchentlichen Wechsel.

Nestmodell: Das Kind bleibt dauerhaft in der Familienwohnung, während die Eltern abwechselnd ein- und ausziehen (selten, aber kreativ).

Für die Wahl des geeigneten Modells sollten Sie das Alter und die individuellen Bedürfnisse des Kindes, die bisherige Betreuungssituation und Bindung, die Wohnortnähe der Eltern zueinander sowie die berufliche Situation und Flexibilität beider Eltern berücksichtigen.

Gut zu wissen

Konflikte vermeiden, Kinder schützen

Studien belegen eindeutig: Nicht die Trennung selbst, sondern andauernde Elternkonflikte belasten Kinder am stärksten. Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag können ungelöste Vermögensfragen zusätzliche Spannungen erzeugen, die sich direkt auf die Kinder übertragen.

Die Familienmediation bietet hier einen wertvollen Lösungsweg. Sie schafft einen strukturierten Rahmen für konstruktive Gespräche mit einer neutralen Vermittlungsperson. Besonders bei Konflikten rund um Kinder ist dieser Ansatz oft erfolgreicher als gerichtliche Auseinandersetzungen, da er Kommunikationswege öffnet und auf Kooperation statt Konfrontation setzt.

Ehegattenunterhalt nach der Scheidung ohne Ehevertrag – Ihre Rechte und Pflichten

Der Ehegattenunterhalt ist ein zentrales Thema bei einer Scheidung ohne Ehevertrag. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme besteht jedoch kein automatischer Anspruch auf finanzielle Unterstützung nach dem Ende einer Ehe. Das deutsche Unterhaltsrecht folgt dem Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung beider Partner nach der Scheidung.

Wann haben Sie Anspruch auf nachehelichen Unterhalt?

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht nur unter bestimmten gesetzlich festgelegten Voraussetzungen (§§ 1570-1576 BGB):

  • Betreuungsunterhalt: Wenn Sie gemeinsame Kinder betreuen (für Kinder unter 3 Jahren grundsätzlich, bei älteren Kindern abhängig von den individuellen Umständen)
  • Altersunterhalt: Wenn Sie aufgrund Ihres fortgeschrittenen Alters keine angemessene Erwerbstätigkeit mehr aufnehmen können
  • Krankheitsunterhalt: Bei gesundheitlichen Einschränkungen, die eine Erwerbstätigkeit erschweren oder unmöglich machen
  • Ausbildungsunterhalt: Für eine abgebrochene oder nicht begonnene Ausbildung, die ehebedingt zurückgestellt wurde
  • Aufstockungsunterhalt: Bei erheblichen Einkommensunterschieden und ehebedingten Nachteilen
  • Billigkeitsunterhalt: In besonderen Härtefällen, wenn die Versagung des Unterhalts grob unbillig wäre
Mann und Frau sitzen schlecht gelaunt von einander abgewandt auf einer Couch.

Wie hoch fällt der Unterhalt aus?

Die Höhe des Unterhalts wird von mehreren individuellen Faktoren bestimmt:

  • Ehebedingte Nachteile: Haben Sie für die Familie auf Karrieremöglichkeiten verzichtet?
  • Ehedauer: Je länger die Ehe bestand, desto höher können die Ansprüche ausfallen
  • Einkommensverhältnisse: Als Richtwert gilt oft 3/7 des Nettoeinkommensunterschieds beider Ehepartner
  • Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit: Was benötigt der unterhaltsbedürftige Partner? Was kann der unterhaltspflichtige Partner leisten?

Bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen bewegen sich die monatlichen Unterhaltsbeträge meist zwischen 800 und 1.500 €. Individuelle Berechnungen sind jedoch unerlässlich.

Alterssicherung und Versorgungsausgleich bei der Scheidung ohne Ehevertrag

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag spielt die Rentenaufteilung eine entscheidende Rolle für Ihre finanzielle Zukunft. Der gesetzliche Versorgungsausgleich greift hier automatisch. Er soll faire Verhältnisse schaffen und Nachteile ausgleichen, die einem Partner durch ehebedingte Einschränkungen der Erwerbstätigkeit entstanden sind – etwa durch Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen.

So funktioniert der Versorgungsausgleich

Der Versorgungsausgleich folgt einem klaren Prinzip. Alle während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Partner werden systematisch erfasst und bewertet, hälftig geteilt (unabhängig von der Höhe) und direkt bei den Versorgungsträgern übertragen.

Ein konkretes Beispiel macht dies deutlich:
Hans hat während der 15-jährigen Ehe 350 Rentenpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Greta hat in derselben Zeit nur 150 Rentenpunkte ansammeln können. Die Differenz beträgt somit 200 Punkte. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs muss Hans 100 Rentenpunkte (die Hälfte der Differenz) an Greta abgeben.

Welche Rentenansprüche sind betroffen?

Der Versorgungsausgleich erfasst ein breites Spektrum an Alterssicherungen:

  • Gesetzliche Rentenversicherung (die häufigste Form)
  • Beamtenversorgung und Pensionen
  • Betriebsrenten in allen Durchführungswegen
  • Berufsständische Versorgungen (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte)
  • Private Rentenversicherungen mit garantierter Rentenzahlungspflicht
Alter Mann mit weißem Schnurrbart, der sich mit seinen Händen auf einem Gehstock abstützt.

Die finanziellen Auswirkungen sollten nicht unterschätzt werden. Bei einer 20-jährigen Ehe kann der ausgleichspflichtige Partner bis zu 20% seiner zu erwartenden Rentenbezüge verlieren. Diese Einbuße wirkt lebenslang.

Anpassungsmöglichkeiten auch ohne Ehevertrag

Auch ohne vorsorglichen Ehevertrag haben Sie Optionen, den Versorgungsausgleich zu modifizieren:

  • Notarielle Vereinbarungen nach § 6 VersAusglG
  • Automatischer Ausschluss bei Ehen unter 3 Jahren
  • Härtefallregelungen bei grober Unbilligkeit
  • Abfindungszahlung als Alternative zur Rentenübertragung

Besonders Frauen unterschätzen häufig die langfristigen Auswirkungen einer Scheidung auf ihre Rente. Eine frühzeitige Beratung kann dazu beitragen, Altersarmut zu vermeiden.

Gefahren einer Scheidung ohne Ehevertrag für Unternehmer

Als Unternehmer oder Unternehmensbeteiligter stehen Sie bei einer Scheidung ohne Ehevertrag vor besonderen Herausforderungen. Die gesetzliche Zugewinngemeinschaft kann erhebliche Auswirkungen auf Ihr Unternehmen und Ihre unternehmerische Existenz haben. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesen Risiken ist essentiell, um langfristig sowohl Ihr Privatleben als auch Ihr Unternehmen zu schützen.

Die Zugewinngemeinschaft und ihre Folgen für Unternehmer

Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag gilt automatisch die gesetzliche Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet, dass der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs – einschließlich des Wertzuwachses Ihres Unternehmens – zwischen den Ehegatten ausgeglichen wird. Problematisch wird es besonders dann, wenn:

  • Sie Ihr Unternehmen vor der Ehe gegründet, aber während der Ehe erheblich ausgebaut haben
  • Der Wert Ihres Unternehmens während der Ehe stark gestiegen ist
  • Ihr Unternehmen den Großteil Ihres Vermögens darstellt
  • Sie nicht über ausreichend liquide Mittel verfügen, um einen Zugewinnausgleich zu zahlen

Der Zugewinnausgleich kann in diesen Fällen existenzbedrohende Ausmaße annehmen und im schlimmsten Fall zur (Teil-)Veräußerung des Unternehmens führen.

Liquiditätsprobleme durch Zugewinnausgleichsforderungen

Eine der größten Gefahren bei der Scheidung ohne Ehevertrag ist der Liquiditätsentzug für Ihr Unternehmen. Selbst wenn Ihr Unternehmen auf dem Papier sehr wertvoll ist, bedeutet dies nicht, dass entsprechende Barmittel vorhanden sind. Viele Unternehmer stehen vor dem Dilemma:

  • Die Zugewinnausgleichszahlung kann oft nur durch Entnahmen aus dem Unternehmen finanziert werden
  • Diese Entnahmen schwächen die Kapitaldecke und Investitionsfähigkeit
  • Im Extremfall kann dies zur Kreditkündigung durch Banken führen
  • Möglicherweise müssen Unternehmensanteile verkauft werden

Besonders mittelständische Unternehmen, die stark vom Inhaber geprägt sind, erleiden durch solche erzwungenen Maßnahmen oft nachhaltige Schäden.

Mitunternehmerschaft des Ehepartners

Häufig arbeiten Ehepartner im Unternehmen mit, sei es in offizieller Position oder “nur” unterstützend im Hintergrund. Dies kann bei einer Scheidung weitere Komplikationen verursachen, wie zum Beispiel Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (Gehalt, Abfindung), mögliche gesellschaftsrechtliche Ansprüche, wenn der Ehepartner formal beteiligt ist, Streitigkeiten über den tatsächlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg sowie Verlust von Know-how und Kundenbeziehungen, wenn der Ehepartner aus dem Unternehmen ausscheidet.

Mann und Frau sitzen am Tisch mit vielen Unterlagen und leiten ihr Unternehmen.

Gerade in kleineren Familienbetrieben kann die Trennung von der privaten und der geschäftlichen Ebene kaum mehr zu unterscheiden sein.

Strategien zum Schutz Ihres Unternehmens

Auch ohne Ehevertrag können Sie während der Ehe oder im Trennungsfall noch Maßnahmen ergreifen:

  • Nacheheliche Vereinbarungen: Auch während der Ehe oder im Trennungsjahr können noch verbindliche Vereinbarungen getroffen werden
  • Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen: Umwandlung von Privat- in Betriebsvermögen, Einbringung in Holdingstrukturen
  • Mediationsverfahren: Eine einvernehmliche Lösung ist fast immer günstiger als ein jahrelanger Rechtsstreit
  • Ratenzahlungen vereinbaren: Bei Liquiditätsengpässen können Ratenzahlungen für den Zugewinnausgleich eine Option sein

Jede dieser Maßnahmen sollte unbedingt mit spezialisierten Beratern (Fachanwalt für Familienrecht mit Spezialisierung auf Unternehmer, Steuerberater, Unternehmensberater) abgestimmt werden.

Praktische Schritte zur einvernehmlichen Scheidung ohne Ehevertrag

Eine einvernehmliche Scheidung spart nicht nur Kosten, sondern schont auch die Nerven aller Beteiligten. Selbst ohne Ehevertrag ist eine konfliktarme Trennung durchaus möglich. Mit der richtigen Vorbereitung und Herangehensweise können Sie das Scheidungsverfahren deutlich vereinfachen.

Die Vorteile eines einvernehmlichen Vorgehens

Eine konstruktive Zusammenarbeit bei der Scheidung bietet zahlreiche handfeste Vorteile:

  • Zeitersparnis: Die Verfahrensdauer reduziert sich von durchschnittlich 1-2 Jahren auf nur 3-6 Monate
  • Kostenersparnis: Sie können 50-70% der Anwalts- und Gerichtskosten einsparen
  • Emotionale Entlastung: Die psychische Belastung durch langwierige Konflikte entfällt weitgehend
  • Bessere Zukunftsperspektive: Besonders bei gemeinsamen Kindern bleibt die Kommunikationsbasis erhalten
  • Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten: Sie können maßgeschneiderte Lösungen entwickeln statt standardisierter Gerichtsentscheidungen

Welche Unterlagen Sie vorbereiten sollten

Für eine reibungslose Abwicklung einer Scheidung ohne Ehevertrag benötigen Sie folgende Dokumente:

Persönliche Unterlagen:

  • Heiratsurkunde (als beglaubigte Kopie)
  • Geburtsurkunden der Kinder
  • Personalausweise beider Partner

Finanzielle Dokumente:

  • Einkommensnachweise der letzten 12 Monate (Gehaltsbescheinigungen, Steuerbescheide)
  • Detaillierte Vermögensaufstellungen (Anfangsvermögen bei Eheschließung und aktuelles Vermögen)
  • Immobilienbewertungen bei gemeinsamen Immobilien
  • Bei Unternehmen oder landwirtschaftlichen Betrieben: Betriebswirtschaftliche Unterlagen und aktuelle Bilanzen
  • Übersicht aller Kredite und Verbindlichkeiten
  • Nachweise zu Versicherungen und Altersvorsorge

Je vollständiger Ihre Unterlagensammlung ist, desto schneller kann das Verfahren ablaufen.

Nacheheliche Vereinbarungen als praktische Lösung

Auch ohne vorehelichen Ehevertrag können Sie das Scheidungsverfahren durch sogenannte nacheheliche Vereinbarungen vereinfachen. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung zum Beispiel ist ein umfassendes Dokument, das alle Aspekte der Scheidung (Vermögen, Unterhalt, Kinder) regelt.

Eine Einzelvereinbarung beinhaltet fokussierte Regelungen zu speziellen Themen wie Unterhalt oder Zugewinnausgleich. Mit professioneller Unterstützung eines Mediators können Sie auch einvernehmliche Lösungen für eine Mediationsvereinbarung erarbeiteten.

Diese Vereinbarungen ermöglichen individuelle, auf Ihre persönliche Situation zugeschnittene Lösungen jenseits der standardisierten gesetzlichen Regelungen.

Fazit

Eine Scheidung ohne Ehevertrag stellt Sie vor rechtliche und emotionale Herausforderungen, bietet jedoch innerhalb des gesetzlichen Rahmens der Zugewinngemeinschaft durchaus faire Lösungsmöglichkeiten. Mit dem richtigen Wissen und professioneller Unterstützung können Sie diesen Prozess strukturiert bewältigen.

Die frühzeitige Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht, die vollständige Dokumentation Ihrer Vermögensverhältnisse und das Streben nach einvernehmlichen Lösungen sind entscheidende Schritte, die Ihnen helfen, Zeit, Kosten und emotionale Belastungen zu reduzieren.

Obwohl eine Scheidung das Ende einer Lebensphase markiert, eröffnet sie gleichzeitig die Chance auf einen Neuanfang. Mit einem klaren Verständnis Ihrer rechtlichen Situation und einer konstruktiven Einstellung können Sie diese Übergangsphase erfolgreich meistern und den Grundstein für Ihre Zukunft legen.

Artikel von
Lisa Ihle
Frau Ihle arbeitet schon seit 2022 als Redakteurin bei JACASA. Hier kann sie ihr...
Frau Ihle arbeitet schon seit 2022 als Redakteurin bei JACASA. Hier kann sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Interesse für den Immobilienmarkt, aktuelle Immobilentrends und -enwicklungen vereinen.
Lisa Ihle

Häufige Fragen – Scheidung ohne Ehevertrag

  • Was steht mir bei einer Scheidung ohne Ehevertrag zu?

    Ohne Ehevertrag gilt bei einer Scheidung der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass das während der Ehe gemeinsam erwirtschaftete Vermögen ausgeglichen wird. Zusätzlich können Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt bestehen, insbesondere wenn einer der Ehepartner weniger verdient hat oder beispielsweise wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten konnte.

  • Was steht der Frau bei Scheidung zu?

    Die Frau hat bei einer Scheidung grundsätzlich die gleichen Rechte wie der Mann, da das Gesetz keine Unterschiede macht. Wenn sie jedoch während der Ehe weniger Einkommen hatte, sich um die Kinder gekümmert hat oder beruflich zurückstecken musste, kann sie Anspruch auf Unterhalt haben.

  • Was fällt nicht in den Zugewinn?

    Nicht alles, was ein Ehepartner besitzt, fällt in den Zugewinn. Ausgenommen sind Erbschaften und Schenkungen, die ein Partner während der Ehe erhalten hat, da diese als persönliches Vermögen gelten. Auch Vermögen, das bereits vor der Ehe vorhanden war, bleibt beim ursprünglichen Eigentümer und wird nicht geteilt. Persönliche Gegenstände wie Kleidung oder Schmuck sowie Schulden, die ein Partner vor der Ehe hatte, fallen ebenfalls nicht in den Zugewinn.

  • Wie teuer ist eine Scheidung ohne Ehevertrag?

    Die Kosten einer Scheidung ohne Ehevertrag hängen von mehreren Faktoren ab. Entscheidend sind vor allem das Einkommen und Vermögen beider Partner, da sich daraus der sogenannte Verfahrenswert berechnet. Je höher dieser Wert ist, desto teurer wird die Scheidung.

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