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Einheitswert: Die Basis zur Berechnung der Grundsteuer

Björn Kolbmüller Geschäftsführer
19. Oct 2023 / 13 Min. Lesezeit

Wie viel Grundsteuer Sie als Einwohner zahlen müssen, hängt unter anderem vom Einheitswert für Immobilien ab. Egal, ob Sie Eigentümer sind oder zur Miete wohnen: Sie sollten den Einheitswert Ihrer Immobilie kennen. Das Finanzamt berechnet nämlich auf dessen Grundlage, wie viel Grundsteuer Sie jährlich zahlen müssen. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Einheitswertfeststellung, den Unterschied zum Verkehrswert, welche Kritikpunkte es gibt und die grundlegende gesetzliche Veränderung ab 2025.

Definition: Was ist der Einheitswert bei Immobilien?

Um die Höhe der Grundsteuer und Gewerbesteuer berechnen zu können, dient Finanzämtern der Einheitswert eines Hauses oder Grundstück als Bemessungsgrundlage. Sämtliche private, gewerbliche sowie landwirtschaftliche Immobilien, Gebäude und Grundstücke werden anhand dieser Bemessungsgrundlage steuerlich bewertet. Anders ausgedrückt ist der Einheitswert also eine Kennziffer, über die das Finanzamt die Höhe der Grundsteuer für ein Grundstück oder eine Immobilie festlegt. Es kombiniert hierfür den Einheitswert mit zwei weiteren Bemessungsgrundlagen: dem Grundsteuermesszahl und dem Grundsteuerhebesatz.

Übrigens rührt der Name des Einheitswerts daher, dass er für verschiedene Steuerarten einheitlich nutzbar sein soll – allerdings kommt er heute nur noch bei der Berechnung der Grundsteuer und der Zweitwohnsitzsteuer zum Einsatz.

Gut zu wissen:

Welches Finanzamt für die Ermittlung des Einheitswerts zuständig ist, hängt davon ab, in welchen lokalen Zuständigkeitsbereich ein Grundstück, beziehungsweise eine Immobilie fällt.

Ein kleines Modell-Haus steht auf einer Holzwaage und wird mit gestapelten Münzen aufgewogen.

Einheitswertfeststellung: So lässt sich der Einheitswert berechnen

Noch heute gilt für die Feststellung des Einheitswerts als Orientierung, wie viel ein Haus oder Grundstück zu den Hauptfeststellungszeitpunkten am 1. Januar 1935 (neue Bundesländer), beziehungsweise am 1. Januar 1964 (alte Bundesländer) wert gewesen wäre. Um den Einheitswert berechnen zu können, wird von zwei verschiedene Methoden Gebrauch gemacht:

Das Ertragswertverfahren

Im Rahmen dieses Verfahrens wird der Ertragswert einer Immobilie ermittelt. Die Wertfeststellung erfolgt auf Grundlage des sogenannten Jahresrohertrags vom Stichtag des 1. Januars 1935, beziehungsweise 1964. Der Jahresrohertrag ist ungefähr mit der damaligen Netto-Kaltmiete einer Immobilie gleichzusetzen. Anschließend wird die Jahresrohmiete mit einem vom Bewertungsgesetz (BewG) festgelegten Vervielfältiger multipliziert.

Anschließend werden wertsteigernde, bzw. wertmindernde Faktoren, wie zum Beispiel Baujahr, Bauweise und Größe der Kommune miteinbezogen und verrechnet. Dieses Verfahren wird bei Mietwohngrundstücken, Eigentumswohnungen, gemischt genutzten Grundstücken, sowie Geschäftsgrundstücken und Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Mehrfamilienhäusern angewandt.

Das Sachwertverfahren

Lässt sich aus verschiedenen Gründen keine Jahresrohmiete festlegen, kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz, um den Grundbesitz zu bewerten. Verschiedene Faktoren werden für die Ermittlung der Wertverhältnisse der jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkte 1935 und 1964 betrachtet, um den damaligen Sachwert eines Hauses oder eines Grundstücks zu berechnen. So werden auch wertmindernde oder wertsteigernde Kriterien wie Lage, Bauweise und Größe der Kommune in die Ermittlung mit einbezogen. Aber auch die einzelnen Werte von Boden, Außenanlagen und Gebäuden werden dazu addiert. Handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, wird nur der Bodenwert zur Einheitswertfeststellung herangezogen, indem die Größe des Grundstücks mit dem Bodenrichtwert multipliziert wird.

Unterschied Einheitswert und Verkehrswert

Auch, wenn es zunächst so klingen mag, der Verkehrswert einer Immobilie ist nicht identisch mit dem Einheitswert. Das liegt daran, dass der Einheitswert auf Werten aus 1935/1964 beruht, also sozusagen so tut, als habe sich der Wert einer Immobilie seitdem nicht verändert.

Hingegen ist der Verkehrswert eine Einschätzung des aktuellen Marktwerts. Er lässt sich durch eine Immobilienbewertung oder ein Wertgutachten ermitteln. Hierfür werden verschiedene Ermittlungsverfahren angewendet, unter anderem auch das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren, aber auch das Vergleichswertverfahren. Diese Verfahren sind zwar gleich, benutzen aber die aktuellen Werte und nicht die alten Werte aus 1935/1964. Im Laufe der Zeit sind die Werte von Grundstücken und Immobilien deutlich angestiegen, weshalb der Einheitswert auch immer deutlich unter dem Verkehrswert einer Immobilie liegt und veraltete Marktverhältnisse widerspiegelt.

Übrigens: Kommt es zu einer Änderung wirtschaftlicher Einheiten, also wenn ein Grundstück geteilt oder Wohneinheiten neu gegründet werden, nimmt das Finanzamt eine Nachfeststellung vor. Das bedeutet, das Finanzamt legt die Bemessungsgrundlage neu fest.

Zu unterscheiden sind außerdem auch Marktwert und Verkehrswert. Beide Begriffe werden oft synonym verwendet, jedoch unterscheiden sie sich voneinander. Wird eine Immobilie beispielsweise “unter der Hand”, also unter Freunden oder Bekannten verkauft, kann der Marktwert unter dem tatsächlichen Verkehrswert liegen, da ein geringerer Kaufpreis vereinbart wird. Auch im Falle einer Zwangsversteigerung kann der Marktwert – also der tatsächliche Verkaufspreis – deutlich geringer als der Verkehrswert ausfallen. Der Verkehrswert ist somit mehr wie eine Einschätzung, der Marktwert gibt den tatsächlichen Verkaufspreis an.

Wenn Sie eine Immobilie kaufen oder verkaufen wollen, ist für den Kaufpreis also nicht der Einheitswert, sondern der Verkehrswert relevant. Aber: der Einheitswert spielt trotzdem eine wichtige Rolle, denn er gibt Auskunft über die jährliche Grundsteuer, auf die man als Käufer oder Verkäufer ebenfalls vorbereitet sein sollte. Kaufinteressenten könnten sich also unter Umständen für den Einheitswert interessieren, weshalb es ratsam ist diesen parat zu haben.

Der Einheitswertbescheid

Der Einheitswertbescheid teilt einem Eigentümer den Einheitswert seiner Immobilie, beziehungsweise seines Grundstücks mit und dient als Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbetrag. Ändern sich zum Beispiel die Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks, stellt das Finanzamt nach Erhalt dieser Information den bis dato geltenden Einheitswert für dieses Grundstück fest. Dieser Vorgang wird auch als Zurechnungsfortschreibung beschrieben. Den neuen Einheitswert teilt das Finanzamt dann per Einheitswertbescheid dem neuen Eigentümer mit.

In der Regel kann man bei einem Immobilienverkauf von einer Bearbeitungszeit von ungefähr einem Jahr ausgehen. Im Falle einer Schenkung oder einer Erbschaft kann sich die Bearbeitungszeit und damit die Zustellung des Einheitswertbescheids jedoch verzögern, wenn das Finanzamt nicht sofort von der Änderung im Grundbuch erfährt und die Zurechnungsfortschreibung somit nicht sofort erfolgen kann.

Gut zu wissen

Als Eigentümer haben Sie das Recht, nach Erhalt des Einheitswertbescheids Widerspruch einzulegen. Binnen eines Monats nach Bekanntgabe (in der Regel Datum des Bescheids plus drei Tage) ist ein Einspruch beim Finanzamt zulässig. Das bedeutet, dass Steuerpflichtige im Falle eines fehlerhaften Feststellungsbescheids beantragen können, diesen richtig zu stellen.

Prüfen Sie ihren Einheitswertbescheid daher am besten direkt nach Erhalt auf eventuell zu hoch eingeschätzte Werte, um rechtzeitig reagieren zu können.

Das Einheitswert-Aktenzeichen

Bei einer Antragstellung beim Finanzamt bezüglich des Einheitswerts, sollten Sie stets ihr Einheitswert-Aktenzeichen angeben, damit Ihre Akte schnell gefunden werden kann. Sie finden ihr Aktenzeichen entweder auf Ihrem Grundsteuerbescheid, wobei es häufig auch “Aktenzeichen der Bewertungsstelle” genannt wird, oder auf Ihrem Einheitswertbescheid.

Wann Sie das Einheitswert-Aktenzeichen angeben sollten:

  • Im Falle eines Widerspruchs gegen einen Einheitswertbescheid
  • Wenn Sie eine Zahlung an das Finanzamt leisten, die den Einheitswert betrifft
  • Bei Antragstellung zur Festsetzung der Grundsteuer
Kritik am Einheitswert: winzige Menschen stehen auf einem großen Münzhaufen.

Kritik am Einheitswert und Änderungen ab 2025

Die Berechnung der Grundsteuer auf Basis des Einheitswerts ist seit der Einführung von 1998 sehr umstritten. Wie Sie vielleicht bereits vermutet haben, liegt einer der offensichtlichsten Kritikpunkte bei der Aktualität der herangezogenen Werte: denen des Jahres 1964 und 1935. Jedoch sind die Immobilienpreise mit der Zeit deutlich gestiegen – demnach spiegelt der Einheitswert veraltete Marktwerte wider.

Ursprünglich war laut § 21 Abs.1 BewG vorgesehen, dass das Finanzamt den Einheitswert alle sechs Jahre überprüfen soll. Da eine Neubewertung aller älteren Grundstücke bisher nicht erfolgt ist, ist es möglich, dass für ein neues Haus ein deutlich höherer Einheitswert festgestellt wird, während für eine ältere, vergleichbare Immobilie ein erheblich geringerer Wert gilt.

Daraus resultieren deutliche Abweichungen des Einheitswerts innerhalb einer Gemeinde. Das Bundesverfassungsgericht hat daraufhin die Berechnung des Einheitswerts in Frage gestellt. Es bemängelte die Ungleichbehandlungen bei der Bewertung und erklärte im April 2018 die Bemessung der Grundsteuer als verfassungswidrig.

Somit gelten Einheitswerte, die seit mehr als 50 Jahren nicht angepasst wurden, als “überholt”. Daraufhin beschloss der Bundesrat im November 2019, dass die Grundsteuer in Zukunft wert abhängig neu zu berechnen ist. Anstelle der bisher 20 Faktoren, sollten künftig nur noch fünf Faktoren in die Berechnung einfließen:

  • Baualter
  • Grundstücksgröße
  • Immobilienart
  • Bodenrichtwert
  • Nettokaltmiete

Die Grundsteuerreform tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Das bedeutet, dass sich die Grundsteuer für Eigentümer, deren Einheitswert nach dem neuen Modell entsprechend höher ausfällt, kräftig erhöhen kann. Um einer zu kräftigen Erhöhung der Grundsteuer entgegenzuwirken, plant Olaf Scholz aktuell nicht nur eine Senkung der vorgegebenen Steuermesszahl, er wünscht sich auch von Gemeinden die Senkung ihrer Grundsteuer-Hebesätze.

Auf der anderen Seite sind die Länder nicht dazu verpflichtet, das neue Modell zur Grundsteuer anzuwenden und die Hebesätze zu senken: durch die sogenannte Landeröffnungsklausel ist es den Bundesländern möglich, ein eigenes Modell zur Grundsteuererhebung einzusetzen. Bis zum 1. Januar 2025 ist es außerdem erlaubt, für bebaute und unbebaute Grundstücke das alte Verfahren als Steuergrundlage anzuwenden.

Neuberechnung des Einheitswerts

Im Zuge der Grundsteuerreform muss das Bundesfinanzministerium und die Länderbehörden für ca. 36 Millionen Immobilien des gesamten Bundesgebiets neue Einheitswerte festsetzen. Für die Berechnung bebauter Grundstücke soll hierfür ausschließlich das Ertragswertverfahren angewandt werden. Die Berechnung soll außerdem bis Ende 2022 abgeschlossen sein.

Bei der sogenannten Hauptfeststellung 2022, die die neuen Grundstückswerte festlegen soll, werden nun nur noch folgende Punkte miteinbezogen:

  • Lage des Grundstücks
  • Grundstücksfläche
  • Wohnfläche
  • Gebäudeart
  • Bodenrichtwert
  • Baualter

Die 2022 neu festgestellten Grundstückswerte, beziehungsweise Immobilienwerte, bilden im Zuge der Grundsteuerreform ab dem 1. Januar 2025 die neue Basis zur Berechnung der Grundsteuer.

Übrigens: Ab 2025 wird von den Finanzämtern zur Berechnung der Grundsteuer nicht mehr der Einheitswert genutzt, sondern der sogenannte Grundsteuerwert.

Fazit

Das Wichtigste zum Einheitswert zusammengefasst:

  • Der Einheitswert bildet (bis 2025) die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer.
  • Er basiert auf Daten von 1935 und 1964, welche mittlerweile stark veraltet sind.
  • Das Bundesverfassungsgericht entschied daher im April 2018, dass die aktuelle Berechnungsmethode für die Grundsteuer verfassungswidrig sei.
  • Ab Januar 2025 soll die Grundsteuer nicht mehr durch den alten Einheitswert berechnet werden, sondern den Grundstückswert, das Gebäudealter und durchschnittliche Mieteinnahmen zugrunde gelegt bekommen.
  • Das kann unter anderem zu jährlich schwankender Grundsteuer führen, räumt aber mit den durch den Einheitswert entstandenen Steuerunterschieden auf.
Artikel von
Björn Kolbmüller
Björn Kolbmüller ist Gründer und Geschäftsführer der Eigentümer-Makler Plattform Jacasa in Berlin. Er ist seit über 15 Jahren in der Startup-Szene aktiv und beschäftigt sich rund um die Uhr mit dem Thema Immobilien.
Björn Kolbmüller

Häufige Fragen – Einheitswert

  • Wie berechnet man den Einheitswert?

    Noch heute gilt für die Ermittlung des Einheitwerts immer als Orientierung, wie viel ein Haus oder Grundstück am 1. Januar 1935 (Ostdeutschland), beziehungsweise am 1. Januar 1964 (Westdeutschland) wert gewesen wäre. Um den Einheitswert berechnen zu können, wird von zwei verschiedene Methoden Gebrauch gemacht:

    • Das Ertragswertverfahren
    • Das Sachwertverfahren

  • Was ist der Einheitswert bei Immobilien?

    Um die Grundsteuer und Gewerbesteuer berechnen zu können, dient Finanzämtern der Einheitswert eines Hauses oder Grundstück als Bemessungsgrundlage. Sämtliche private, gewerbliche sowie landwirtschaftliche Immobilien und Grundstücke werden anhand dieser Bemessungsgrundlage steuerlich bewertet. Anders ausgedrückt ist der Einheitswert also eine Kennziffer, über die das Finanzamt die Höhe der Grundsteuer für ein Grundstück oder eine Immobilie festlegt.

  • Was ist der Unterschied zwischen Einheitswert und Verkehrswert?

    Auch, wenn es zunächst so klingen mag, der Verkehrswert einer Immobilie ist nicht identisch mit dem Einheitswert. Das liegt daran, dass der Einheitswert auf Werten aus 1935/1964 beruht, also sozusagen so tut, als habe sich der Wert einer Immobilie seitdem nicht verändert. Hingegen ist der Verkehrswert eine Einschätzung des aktuellen Marktwerts einer Immobilie.

  • Warum gibt es eine Grundsteuerreform?

    Da der Einheitswert auf stark veralteten Werten beruht, kann es zu deutlichen Steuerunterschieden zwischen Altbauten und Neubauten kommen. Da die Immobilienpreise innerhalb der vergangenen Jahre kräftig anstiegen, kann es vorkommen, dass für einen Neubau, bei dem ein aktuellerer Wert zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen wird, deutlich mehr Steuern anfallen, als für einen Altbau, bei dem noch die Werte von 1935 gelten.

    Aus diesem Grund soll noch innerhalb 2022 eine Neuberechnung aller Grundstückswerte stattfinden, auf deren Grundlage ab dem 01. Januar 2025 die neue Grundsteuer berechnet wird.

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